Eine Weitergabe von Prüfungsinhalten an einige Studenten begründet keinen Generalverdacht gegen alle Prüflinge.
Im Fall eines niedersächsischen Richters, der verdächtig ist, Inhalte des Zweiten juristischen Staatsexamens vorab gegen höhere Summen an Studenten weitergegeben zu haben (u. a. SPIEGEL ONLINE), steht mittlerweile die Anerkennung von 2000 Examen auf dem Spiel. Der Anfangsverdacht soll die rückwirkende Prüfung aller verdächtigten Prüfungsarbeiten nach sich ziehen.
Doch was bedeutet solch ein Verdacht auf Täuschung als Generalverdacht für Studenten, die schuldlos in eine für sie nachteilige Situation geraten sind – nur weil sie etwa in einem für einen Täuschungsverdacht relevanten Zeitraum an einer entsprechenden Uni ihr Examen ablegten? Müssen sie im Zweifelsfall ihre Prüfung sogar wiederholen?
Rechtlich sind hier mehrere Lösungen zu Gunsten eines unter Täuschungsverdacht Stehenden denkbar. Grundsätzlich gilt: Die bloße Wahrscheinlichkeit, dass die Behauptung einer Täuschung mit der Wirklichkeit übereinstimmt, reicht für ein sicheres Urteil in keinem Fall aus (u. a. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 03.02.2012, Az 10 A 11083/11). Richter müssen von der Wahrheit dieser Behauptung überzeugt sein. Mutmaßungen sind als Beweise auszuschließen. Die Darlegungs- und Beweislast liegt zudem eindeutig bei der Prüfungsbehörde. Allerdings ist noch der Beweis des ersten Anscheins relevant, selbst wenn keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Aussage eines Betroffenen begründet werden können.
Bei diesem Anscheinsbeweis muss für den Richter der Schluss naheliegen, dass ein Prüfling aufgrund feststehender Tatsachen und eines typischen Geschehensablaufs bewusst getäuscht hat und eine andere Möglichkeit nicht denkbar ist. Dieser Fall ist etwa dann gegeben, wenn ein Prüfling typische Formulierungen aus den Prüfungsvorgaben verwendet. Eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine Täuschung reicht für ein Urteil nicht aus.
Bei eindeutigem Nachweis einer Täuschung hingegen sind entsprechende Sanktionen nach der jeweiligen Prüfungsordnung möglich. Diese Sanktionen müssen klar geregelt und angemessen sein. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist dabei unbedingt zu berücksichtigen. Oft sind das Ermessensentscheidungen.
Das heißt letztlich: Beim Vorwurf einer Täuschung gegen einen Prüfling kann eine juristisch kompetente Beratung und Interessenvertretung helfen, die Aberkennung einer Prüfungsleistung zu verhindern, mindestens aber die Bedingungen für den Betroffenen erheblich zu verbessern.
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