KITA-RECHT | Amtshaftung: Verletzung der Aufsichtspflicht über Kinder im Freigelände einer Kindertagesstätte

Borsbach & Herz | KANZLEI FÜR BILDUNGSRECHT

Das Ausüben einer Aufsichtspflicht kann einen gewissen Freiraum des Aufsichtsbedürftigen einschließen. Kommt es in diesem Freiraum zu einem Schaden, muss der Aufsichtspflichtige nicht zwingend für diesen haften.

In diesem Fall gehen wir der Frage nach, ob Erzieherinnen eine Schuld trifft, wenn Kinder ihres Kindergartens von dessen Freigelände aus Steinchen auf parkende Autos werfen. Konkret hatte ein Fahrzeugbesitzer auf Verletzung der Aufsichtspflicht geklagt, weil ihm durch solche Steinwürfe vermeintlich Schaden an seinen zwei auf dem Nachbargrundstück des Kindergartens parkenden Autos entstand. Das zuständige Oberlandesgericht wies seine Klage in der Berufung ab.

Der Kläger konnte in erster Instanz zwar nach erstem Anschein beweisen, dass die von den Kindern geworfenen Kieselsteine seine Fahrzeuge tatsächlich trafen. Die Schäden hatte er aber weder benannt noch dokumentiert. Erst eineinhalb Jahre später reichte er ein Schadensgutachten eines Privatgutachters mit Lichtbildern ein. Dem Gericht stellte sich zu Recht die Frage, ob dieses Gutachten geeignet ist, den angegebenen Schaden schlüssig darzulegen.

Diese fehlende Schlüssigkeit war aber nicht der Hauptgrund der Abweisung seiner Klage. Der bestand im begründeten Urteil des Gerichts, dass dem Kläger kein Anspruch auf Schadensersatz wegen einer Verletzung der Aufsichtspflicht zusteht. Dabei fällt die geltende „Amtshaftung“ der beiden von der Klage bedrohten Erzieherinnen unter die gleiche Beweislastregel des BGB wie eine privatrechtliche Haftung. Beide legten überzeugend dar, was sie zur Erfüllung ihrer Pflicht taten.

Danach waren die kleinen Steinewerfer zum Zeitpunkt ihrer Tat zwischen fünf und sechs Jahre alt. Sie spielten auf dem Freigelände des Kindergartens in einer Gruppe von circa 20 Kindern. Ihre beiden Erzieherinnen saßen zentral auf Bänken in der Mitte des Geländes und hatten einen guten Überblick über die Gruppe, den auch die beiden zu fütternden Kleinkinder auf ihrem Schoß nicht behinderten. Die beiden Frauen wurden durch eine offensichtliche Wurfbewegung eines der Kinder und das Geräusch eines auf den Erdboden fallenden Steinchens auf die Vorgänge am Zaun aufmerksam. Nach eigenen, glaubhaften Aussagen unterbanden sie das weitere Werfen sofort, indem sie die Kinder vom Zaun wegholten und sie mit Erfolg zum Spielen im Inneren des Freigeländes veranlassten.

Für das Gericht waren in seinem Urteil mehrere Punkte ausschlaggebend:
Bei Kindern dieses Alters ist bei normaler Entwicklung eine permanente Überwachung nicht mehr geboten. Eine gewisse rationale Verhaltenssteuerung hat bereits eingesetzt, so dass ein verantwortbarer pädagogischer Ermessensspielraum gegeben ist. Die Erzieherinnen hatten die jeweiligen kindlichen Eigenheiten und die örtlichen Gegebenheiten berücksichtigt. Gefahrenmomente waren ihnen bewußt. Im Vorfeld war es nicht bereits zu Steinwürfen gekommen, so dass ein Nachahmeffekt weitgehend ausgeschlossen werden konnte. Im Übrigen reagierten die Erzieherinnen umgehend und ohne zeitliche Verzögerung. Letztendlich läßt sich auch bei einer ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufsichtspflicht ein möglicher Schadensfall nicht gänzlich ausschließen. Wenn alle notwendigen Maßnahmen getroffen sind, muss der Beaufsichtigende nicht auch für deren Erfolg einstehen.

Wenn auch Sie in ihrer Rolle als Aufsichtsperson eine Klage befürchten müssen, beraten und vertreten wir Sie gern. Gemeinsam lassen sich die vorhandenen wirksamen Rechtsmittel erfolgreich ausschöpfen.

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